Je nach Ziel des Fragebogens, der Zielgruppe und der Befragungsmethode sind unterschiedliche Frageformulierungen zu wählen, so dass unumstößliche Kriterien zur Formulierung der Fragen nicht möglich sind.
In der Literatur zur Erstellung von Fragebögen findet man eine Reihe von allgemeinen Regeln, welche man bei der Formulierung von Fragen anwenden soll: Von „Einfachheit, Neutralität und Eindeutigkeit“ (Homburg/Krohmer 2006) bis hin zu den „10 Geboten der Frageformulierung“ (Porst 2008). Jeder, der einen Fragebogen selbst entworfen hat weiß, dass diese Regeln eher Leitlinien sind – das eigentliche Formulieren der Fragen ist ein recht schwieriger Prozess. Daher werden hier nur ein paar Leitlinien nach Malhotra in Bezug auf die Formulierung von Fragen in Fragebögen angegeben (aus dem Englischen übersetzt aus Malhotra 1999):
Bei der Definition des Themas einer Frage kann man sich an den 6 Ws orientieren: Wer soll Informationen liefern? Was für Informationen sollen die Befragten geben? Wann: Über welchen Zeitpunkt soll die Information von den Befragten gegeben werden? Wo: An welchem Ort sollen die Befragten Dinge getan haben? Warum haben die Befragten etwas gemacht? In welcher Art und Weise haben die Befragten etwas gemacht?
Nehmen Sie beispielsweise folgende Frage eines Fragebogens: Welche Biermarke trinken Sie? Auf den ersten Blick würde man meinen, dies ist eine korrekt formulierte Frage. Dem ist aber nicht so:
Wenn Sie an Befragungen teilnehmen haben Sie sich vielleicht schon einmal gewundert, warum die Fragen manchmal so „umständlich“ (ausführlich) gestellt werden: „Welche Biermarke oder welche Biermarken haben Sie persönlich im letzten Monat zu Hause getrunken? Falls es mehr als eine Marke ist, geben Sie bitte alle Marken an.“ Der Grund ist einfach, dass die Themen der Frage eindeutig definiert sein müssen.
Oftmals findet man – insbesondere in wissenschaftlichen Veröffentlichungen – eine Vielzahl an Fremdwörtern oder an eingedeutschten englischen Wörtern. In der Literatur zur Erstellung von Fragebögen sind dies beispielsweise die Begriffe Reliabilität, Validität oder Bias. Dies muss man bei der Definition von Fragen in Fragebögen vermeiden, selbst wenn man der Meinung ist, dass „Bias“ ein besserer Ausdruck als „Verzerrung“ ist. Natürlich ist dies kein Verbot von Fremdwörtern, diese müssen nur von allen Befragten verstanden werden: Befragt man Professoren der Marktforschung, so kann man davon ausgehen, dass alle Professoren das Wort „Bias“ verstehen, da es sozusagen die „Umgangssprache der Marktforschung“ ist.
Ratingskalen, über welche Sie Meinungen oder Verhalten abfragen, formulieren Sie im Fragebogen häufig mit Skalenpunkten „Trifft voll und ganz zu“ bis „Trifft ganz und gar nicht zu“ (oder ähnlichen Verbalisierungen). Die Fragebogenforschung hat nun gezeigt, dass es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt, wenn alle Fragen nur positiv oder nur negativ formuliert sind.
Sind bei Ihrem Fragebogen starke Effekte auf Grund der positiven oder negativen Formulierung zu erwarten, so können Sie die Hälfte der Items positiv, die andere Hälfte der Items negativ formulieren. Zusätzlich entwerfen Sie einen zweiten Fragebogen, bei dem die Formulierungen genau die gegenteilige Richtung hat. Die eine Hälfte der Befragten bekommt nun den ersten Fragebogen, die andere Hälfte der Befragten bekommt den zweiten Fragebogen.
Missverständliche Wörter haben für verschiedene Personen eine andere Bedeutung. Typische Beispiele sind Quantifizierungen wie nie, manchmal, oft und dergleichen.
Dieses Missverständnis von Wörtern kann man auch auf Abkürzungen im Fragebogen erweitern: Hat man in seinem Fragebogen beispielsweise die Abkürzung ICE, so werden die meisten wohl an Züge denken – für Rettungssanitäter wird die Abkürzung aber den Sinn „In Case of Emergency“ haben.
Sind Sie der Meinung, dass Deutsche Importwagen kaufen sollten, wenn dadurch Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen? Hier werden die meisten Befragten mit „nein“ antworten, da niemand möchte, dass Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen.
Ist bei der Befragung der Auftraggeber bekannt und wird dem Befragten eine Frage zu diesem Auftraggeber gestellt, so kann dies auch einen Einfluss auf das Antwortverhalten haben, da die Befragten möglicherweise nicht negativ über den Auftraggeber sprechen möchten.
Formulieren Sie wenn möglich beide Alternativen und nehmen Sie nicht einfach an, dass die zweite Alternative ja bekannt ist. Beispielsweise fragen Sie:
„Fahren Sie mit dem Auto auf Geschäftsreisen?“
Hier wäre die implizite Alternative z.B. „Öffentliche Verkehrsmittel“. Die Frage sollte im Fragebogen also daher folgendermaßen formuliert werden:
„Fahren Sie mit dem Auto auf Geschäftsreisen oder nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel?“
Ähnlich wie bei dem Weglassen von Antwortalternativen wird bei impliziten Unterstellungen eine Frage nicht vollständig ausformuliert: Beispielsweise wird bei der Frage „Sind Sie für einen Stopp der Staatsneuverschuldung?“ implizit unterstellt, dass die Befragten die Konsequenzen Ihrer Antwort kennen. Explizit ausformuliert wäre die Frage z.B.: „Sind Sie für einen Stopp der Staatsneuverschuldung, wenn dadurch die Steuern erhöht werden müssen?“ (oder Sozialausgaben gesenkt werden müssen etc.)
„Wie oft waren Sie in den letzten 5 Jahren im Kino?“ Mit Ausnahme der Personen, die so gut wie nie ins Kino gehen können die Befragten hier nur eine (ungenaue) Schätzung angeben. Bei solchen Quantifizierungen haben Sie zwei Formulierungsmöglichkeiten bei der Erstellung eines Fragebogens: Erstens können Sie exakt quantifizieren lassen, indem Sie die Zahl abfragen. Ist der Zeitraum aber so groß und das Ereignis häufig (und unwichtig), so kann eine solche exakte Quantifizierung zu ungenauen Schätzungen führen. In diesem Fall kann die Quantifizierung auch auf einer Skala wie z.B. „sehr häufig – häufig – ab und zu – selten – nie“ abgefragt werden, auch wenn hier eine Interpretationsleistung seitens des Befragten erbracht werden muss, was denn „sehr häufig“ ist.